Unser Verein wurde im Jahr 1908 gegründet und gehört mit über 100 Mitgliedern (davon sind etwa die Hälfte Kinder und Jugendliche) zu den größten Schachvereinen in Rheinland-Pfalz. Mit insgesamt 9 Mannschaften und mehreren Mannschaften in der Nachwuchsliga nehmen wir aktiv am Spielbetrieb teil. NEUGIERIG geworden? Egal wie alt, egal ob Anfänger oder erfahrener Vereinsspieler - scheuen Sie sich nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen! Unser Spielabend findet samstags ab 15 Uhr (Jugend und Erwachsene) bzw. ab 17 Uhr (Erwachsene) im Otto-Hahn-Gymnasium (Eingang blaues Tor in der Langstraße) statt.

Kampfpilotin im Nahen Osten? Krabbenfischer in der Beringsee? Paketbote vor Weihnachten? Alles ein Klacks! Wer einmal versucht hat, neunmal pro Saison acht (Schach)Verrückte am Sonntagmorgen in geordneter Weise an die Bretter zu bringen – idealerweise alle am selben Ort und zur selben Zeit –, der kennt die ultimative Herausforderung: Mannschaftsführer in einer regionalen Schachliga! Da zudem Undank nicht nur der Welten Lohn ist, sondern auch in diesem Geschäft das einzige regelmäßige Einkommen darstellt, ist es kein Wunder, wenn immer wieder ambitionierte Mannschaftsführer schon nach kurzer Zeit Abschied von diesem wichtigen Amt nehmen. Welch Glück, dass gerade die turbulente Landauer Dritte mit Tobias Nicklis einen Teammanager besitzt, der wie kein anderer diesem Knochenjob gewachsen ist. Was das konkret bedeutet, zeigten die Vorbereitungen zum Auswärtsspiel gegen die zweite Mannschaft des SC Ludwigshafen 1912 am 13. Januar wieder in aller Deutlichkeit.

Frühzeitig hatte Tobias begonnen, die Verfügbarkeiten der in der Dritten tätigen Spieler abzufragen. Frühzeitig war klar, dass es diesmal besonders schwierig werden würde: Kein fröhliches „Bling!“, „Bling!“, „Bling!“ im Chat, das schon nach einer Viertelstunde zur vollständigen Aufstellung führt. Stattdessen: Der eine Spieler weilt zur Ausbildung an fernem Ort, der nächste kann aus privaten Gründen nicht, der dritte durchläuft eine veritable Schaffenskrise und möchte ein Schachbrett am liebsten nur von Weitem sehen, der vierte ist nicht nur im Schach begabt und steht bei seinen Volleyball-Kameraden in der Pflicht – und dann sagt auch noch ausgerechnet derjenige Mannschaftskamerad ab, der normalerweise gar nicht angefragt zu werden braucht, weil er seit Jahrzehnten ja immer spielt. Ja, es gibt auch Zusagen, doch für acht Bretter reicht es nicht.

Der Mannschaftsführer tut, was ein guter Mannschaftsführer tun muss: Er kommuniziert, sondiert, argumentiert und organisiert das scheinbar Unorganisierbare. Erste Hoffnungszeichen stellen sich ein, als der Kamerad mit Schaffenskrise in die Bresche springt („Ist doch klar, wenn ihr nicht zu acht seid!“) und der Kamerad mit Volleyballbegabung einen Weg findet, sich für das Schach frei zu spielen. Doch sogleich muss die Dritte ihrer Sandwich-Position zwischen der zweiten und der vierten Mannschaft Tribut zollen. Zwoote und Vierte spielen zeitgleich – das im Abstiegskampf verfangene Landau II (Tabellenletzter in der 1. Rheinland-Pfalz-Liga) braucht selbst Ersatzspieler (aus der Dritten…), während Landau IV sich mit allen Kräften der starken Mannschaft aus Maxau-Wörth entgegenstemmen muss und somit der Dritten nicht den nötigen Nachschub bieten kann.

Zwischendurch sieht es gar so aus, als könnte die Dritte in nur einem Auto zum Auswärtsspiel anreisen, was vielleicht ein wichtiger Schritt zum ersten CO2-neutralen Schachklub Deutschlands wäre, aber sportlich doch nicht so richtig befriedigen kann. Schließlich stößt mit Anke Orschiedt niemand geringerer als die Mannschaftsführerin der Vierten solidarisch zur Truppe, so dass in der vierten (!) und endgültigen Aufstellungsvariante immerhin sechs Bretter besetzt werden können. Bei all dem Hin und Her bleibt Tobias gelassen und souverän – selbst dann, als ein Spieler noch am Vorabend (kurz vor 22:00 Uhr) nach der längst mitgeteilten Abfahrtszeit fragt…

Ausgangslage am Rhein somit 0:2 aus Landauer Sicht. Zum Glück stand für die Dritte nicht viel auf dem Spiel, da man aus dem Duell mit der Ludwigshafener Spitzenmannschaft ohnehin keine Punkte für das Projekt „Klassenerhalt“ eingerechnet hatte. Somit konnten die Spielerin und die Spieler aus der Südpfalz gegen ihre durchweg stärkeren Gegner befreit aufspielen, was ein munteres Treiben zur Folge hatte. Es begann allerdings mit einem unerfreulichen Paukenschlag an Brett 4, als es Neo-Schachblogger Wolfgang Vohmann (1880) gegen Rainer Hornberger-Wissing (1988) mit einem frühen Schachgebot versuchte (Schwarz am Zug):

Nach Ausweis der Datenbanken scheint 8.Da4+ an dieser Stelle tatsächlich ein neuer Zug gewesen zu sein, jedenfalls stellte er Rainer vor die Frage, welche Figur er auf d7 dazwischen ziehen sollte. Nach dem richtigen 8…Ld7! besitzt Schwarz nach 9.Db3 00 10.Dxb7 e5! aufgrund seiner Aktivität volle Kompensation. Mit 8…Sbd7? versuchte Rainer jedoch, den Doppelangriff auf f7 und b7 gar nicht erst zuzulassen und elegant aktive Springerzüge nach e5, c5 oder b6 vorzubereiten. Allerdings legte der Ludwigshafener mit dem überraschenden, aber tief durchdachten 9.Lxf7! (immer wieder dieses Feld…) den Schwachpunkt dieses Konzepts schonungslos offen – die schwarze Stellung ist nun im höheren Sinne bereits verloren. Als kleiner Trost mag dienen, dass es sich bei …Sbd7 um einen großmeisterlichen Fehler handelt, der 1995 auch dem zweifachen argentinischen Landesmeister GM Hugo Hernán Spangenberg (2490!) gegen IM Jorge Gomez Baillo in fast identischer Stellung unterlaufen war (Schwarz am Zug):

Auch hier wurde 9…Sbd7 mit 10.Lxf7+ bestraft und nach 10…Kxf7 11.Sg5+ Ke8 12.Se6 Db6 13.Dc4 Sh5 14.Sb5 dauerte die Partie am Rio de la Plata nicht mehr lange.

Rainer kämpfte indes nach 9…Kxf7 10.Dc4+ e6 11.Sxe6 De7 12.Sc7+ Kf8 13.Sxa8 Dc5 14.Dxc5+ Sxc5 15.Sc7 mannschaftsdienlich noch wie ein Löwe weiter, kam aber einem Remis nicht mehr nahe, da Schachfreund Vohmann mit kühl kalkulierten Abtauschaktionen bis ins trivial gewonnene Endspiel abwickelte, das der Landauer im 60. Zug aufgeben musste – 0:3.

Bei Daniel Kuhn (1823), der gegen Karl Heinz Böhler (1933) einer scharfen Theorievariante folgte, die bereits von anderen Angriffskünstlern wie Rudolf Spielmann und Jonny Hector erfolgreich angewandt wurde, gab es erst im 13.Zug die erste Neuerung. Schwarz bot ein logisches, aber wohl etwas übereiltes Schach (13…La6+ bei weißem König auf f1), wonach man schnell in einem ungefähr ausgeglichenen Endspiel landete (Weiß am Zug):

In dieser relativ offenen Stellung muss Weiß aufpassen, dass sich nicht der schwarze Läufer plötzlich als dem weißen Springer überlegen erweist. Andererseits besitzt Weiß mit seinem Freibauern einen Trumpf, den er hier mit 25.h4! f5 26.Sg5 Kd6 27.Te1 Tg6 28.g4 ausspielen konnte. Remis bleibt das logische Ergebnis, doch Schwarz muss auf der Hut sein. Nach 25.g4 Th7! 26.Kg2 Tg7 hatte Schwarz hingegen seine Probleme gelöst und die Partie endete im 40.Zug mit einer Punkteteilung – 0,5:3,5.

Bei einer DWZ-Differenz von 356 Punkten wartete mit Manfred Derlich (1878) für Anke Orschiedt (1522) an Brett 8 die größte Herausforderung. Mit guter Zentrumskontrolle und einem Riesenspringer auf d4 sah es ausgangs der Eröffnung sehr gut für Anke aus, doch in der Folge nahm die Partie den Verlauf ganz vieler Englisch-Partien: Weiß spielte mit Autopilot und setzte seine allzu bekannten Standardpläne (b2-b4-b5, f2-f4-f5, Springerfeld d5 ins Auge fassen,etc.) um, während es für Schwarz nicht leicht war, aktives Gegenspiel zu generieren. Als die weiße Angriffsmaschinerie bereits über den schwarzen Damenflügel herfiel, entwickelte Anke mit dem Mut der Verzweiflung noch einen kreativen Entlastungsversuch am Königsflügel (Weiß am Zug):

Weiß kann die schwarzen Anrempelungsversuche aber einfach ignorieren und mit dem furchtlosen 28.Txa7! gxh4 29.Txc7! hxg3+ 30.Kxg3! den Sack zumachen. Mit 28.Df2 verpasste Schachfreund Derlich zwar diese Chance, doch seine Stellung blieb auch danach so gut, dass am weißen Erfolg keine Zweifel mehr aufkamen. Als kurz vor der Zeitkontrolle noch eine ganze Figur verloren ging, musste Anke aufgeben – 0,5:4,5.

Der Mannschaftskampf war damit verloren, doch wer erzielte den Ehrentreffer? Natürlich der Mannschaftsführer! Gegen die unglückliche Eröffnungswahl der Ludwigshafener Legende Hans Kelchner (2032) fand Tobias Nicklis (1928) an Brett 3 zwar nicht sofort das allerstärkste Mittel, jedoch konterte er die etwas überambitionierten schwarzen Versuche, Aktivität zu erlangen, umsichtig aus und umschiffte schließlich auch noch die letzte Klippe (Weiß am Zug):

Mit dem gierigen 19.Sxc8+? erreicht Weiß hier nicht mehr als ein Remis, da nach 19…Txc8 20.Ld3 fxe4 weder 21.Lb1 f5 22.Tc1 Txc1 (22…Tc6) 23.Kxc1 Kf6 24.b4 f4! 25.exf4 Kf5 26.Kd2! (26.Kb2? verlöre nach 26…Kxf4 27.Kxa1 Ke3! sogar) noch 21.Lxe4 dxe4 Gewinnchancen bieten. Das saubere 19.Sxf5+! führte jedoch nach 19…Kf6 20.Ld3 (der Unterschied: der Läufer findet nun auf der Diagonal b1-h7 genügend Raum, um dem Springer auf a1 jede Hoffnung auf Rettung zu nehmen) g6 21.Sd6 Tc7 22.exd5 Kg7 23.Txa1 zu einer klaren weißen Gewinnstellung – 1,5:4,5.

Die Partie an Brett 7 bildete insofern das Gegenstück zu der an Brett 4, als Meinrad Rapp (1745) durch konsequentes Spiel die allzu kreative Eröffnungsanlage von Ujup Murseli (1839) bestrafte und mit einem Damenausfall schon im 8.Zug die Weichen auf Sieg stellte (Weiß am Zug):

Meinrad zog 8.Dg4! (ups…), worauf Schwarz nicht beide Bauern auf e4 und g7 decken kann. Schwarz entschied sich für 8…g6 9.Dxe4 De7 10.Sc3 Sd7 11.Sf3 Db4 12.000 c6 13.Se5 Sb6 14.Df4 De7, wonach sich Meinrad bereits eine dicke Chance auf den unmittelbaren Knockout bot (Weiß am Zug):

Die schwarzen Löcher auf d6 und f6 schreien förmlich nach 15.Se4!, was Meinrad mit zuletzt 14.Df4 auch vorbereitet hatte. Hier erschien es ihm aber doch klüger, den schwarzen Springer mit 15.e4?!  gar nicht nach d5 zu lassen, wobei er allerdings in der Variante 15.Se4 Sd5 das wunderschön brutale 16.Dxf7+! (16…Dxf7 17.Sd6+) mit auseinander fallender schwarzer Stellung übersah (immer wieder dieses Feld…). In der Folge gelang es dem sich zäh verteidigenden Schwarzspieler, Sand in das weiße Getriebe zu streuen und im 35.Zug einigte man sich tatsächlich auf ein Remis – 2:5.

Den Schlusspunkt setzte Matthias Schubert (1839), der gegen Gerhard Wetzel (1905) an Brett 6 in der wechselhaftesten Partie des Tages die Eröffnungsphase passiv behandelte und in einer gedrückten Stellung landete (Weiß am Zug):

Schwarz ist nicht vollständig entwickelt und muss mit wenig Raum sowie einer abseits stehenden Dame sein Auskommen finden. Mit 16.d6! kann Weiß einen Pfahl ins Fleisch der schwarzen Stellung treiben und die Koordination des Nachziehenden empfindlich stören. So zeigt z.B. 16…b6 17.Sg5 h6 (17…Lb7? 18.c5 Dxe2 19.Lxf7+ Kf8 20.Sxe2 h6 21.Lxe8) 18.Sge4 Lb7? (18…Sxe4 19.Sxe4 f5 20.Sc3 Db7 21.Sb5! macht auch keinen Spaß) 19.Sxf6+ Sxf6 20.Sb5! sehr schön die Gefahren der beengten schwarzen Stellung.

Nach 16.Dd2?! nutze Matthias mit 16…Sb6 seine Chance zum Gegenangriff auf den Bauern c4 und nach 17.c5? (17.dxc6 Sxc4 18.De2) erzielte er mit 17...Sbxd5 bereits Ausgleich. Nachdem die Stellung einige Zeit im Gleichgewicht verblieb, unterliefen Matthias allerdings noch zwei Unachtsamkeiten (Schwarz am Zug):

Nach 23…Lb3! 24.Td7 Tec8 25.Dxb7 Txb7 26.Txb7 Ld5 27.Te7 h6 28.Sf3 e4 29.Sd4 Txc5 hat Schwarz nichts zu befürchten. Auf das scheinbar natürliche 23…Tac8? fand der Ludwigshafener das sehr starke Damenopfer 24.Sxe6!!, welches Matthias zurecht mit 24…fxe6 ablehnte (24…Txc7 25.Sxc7 Da4 26.Sxe8 Dxe8 27.Td5 und der schwarzen Dame steht ein harter Kampf ums Remis bevor), dabei aber eine Entwertung seiner Bauernmajorität in Kauf nehmen musste. Konsequent strebte Schachfreund Wetzel nun den Tausch aller (Schwer)Figuren an (Schwarz am Zug):

Es ist eine wichtige Faustregel im Endspiel, dass mit Türmen am Brett die Remischancen der schwächeren Seite im allgemeinen höher sind als in reinen Leichtfigurenendspielen. Entsprechend musste Schwarz hier unbedingt mit 30…Tc7 das letzte Turmpaar am Brett belassen und hoffen, dass Weiß kein Durchkommen findet. Das gespielte 30…Td8? 31.Txd8+ Lxd8 hätte nach 32.c6! – ein wichtiges Motiv: Weiß zerstört die schwarze Struktur noch weiter und bildet sofort einen Freibauern, um den sich Schwarz nun beständig kümmern muss – 32…bxc6 33.Lxa7 zum mehr oder weniger sofortigen Verlust geführt, z.B. 33…Kf7 34.Kf1 Ke7 35.Lc5+ Kd7 36.Ke2 Lg5 37.Kd3 Lc1 38.Kc3! Lh6 (38…h5 39.Le3!) 39.a4 Kc7 40.b3 Lg5 41.Kd3 usw. Nach 32.Kf1 Kf7 33.Ke2 e4 blieb dieses Gewinnmotiv noch einige Züge lang unendeckt am Brett; als es dann verschwunden war, einigte man sich auf ein letztlich gerechtes Remis zum 2,5:5,5-Endstand.

Wer zu sechst zum klaren Favoriten reist, darf nicht erwarten, mit Mannschaftspunkten im Gepäck nach Hause zu kommen. Trotzdem hat die Dritte wieder einen tapferen Kampf geliefert und zumindest ein paar Brettpunkte (sowie reichlich Erfahrungen!) eingesammelt. In der Tabelle besteht weiterhin ein Drei-Punkte-Vorsprung auf das Schlusslicht Zweibrücken, das in der nächsten Runde (3. Februar) an der Queich zu Gast sein wird. Gelingt in diesem Duell ein voller Erfolg, ist die Dritte bereits zwei Runden vor Schluss aller Abstiegssorgen ledig. Wir drücken jedenfalls Tobias die Daumen, dass in diesem Fall seine Aufgabe wieder etwas einfacher ausfallen möge.

PS: Ein mit zahlreichen Fotos versehener Kurzbericht aus Ludwigshafener Perspektive (überschrieben „Lu 1912 – Neustadt“!!) findet sich hier.

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